“Ich sehe großes Potenzial”: Wie die DTM die DTM-Endurance-Lösung beurteilt

Im ADAC GT Masters stieß die neue DTM Endurance auf wenig Begeisterung, doch im DTM-Umfeld sieht man enormes Potenzial, um sich für höhere Dienste zu empfehlen
Trotz aller Unkenrufe: Ist die neue DTM Endurance das perfekte DTM-Sprungbrett?Trotz aller Unkenrufe: Ist die neue DTM Endurance das perfekte DTM-Sprungbrett?ADAC Motorsport

Nach der Bekanntgabe des ADAC, dass das ADAC GT Masters kommende Saison gemeinsam mit den LMP3-Prototypen des Prototype-Cup Germany in der neuen DTM Endurance aufgehen soll, stieg der Unmut unter den bisherigen Teams der ADAC-Serie. Doch wie wird die Entwicklung eigentlich in der DTM aufgenommen?

“Ich versteh vollkommen, dass es jetzt Leute gibt, die sagen: Das ist nicht das, was wir uns unter GT-Masters vorgestellt haben”, verweist HRT-Teamchef Ulrich Fritz im Gespräch mit ‘Motorsport-Total.com’ auf die Zusammenlegung mit den Prototypen. “Ich finde das aber eine sehr klare Abgrenzung der Formate. Daher kann ich mir schon vorstellen, dass der ADAC das Richtige getan hat.”

Was Fritz damit meint? In der Vergangenheit gab es im ADAC GT Masters auch die Möglichkeit, mit reinen GT3-Profi-Paarungen an den Start zu gehen, während das in Zukunft nicht mehr möglich ist, denn Piloten der FIA-Kategorie Platin – also in der Regel Werksfahrer – sollen laut dem ADAC nicht mehr zugelassen werden.

“Das haben viele am ADAC GT Masters bemängelt”

“Das gibt der GT3-Sache ein klares Profil”, argumentiert Fritz, dass die DTM und die neue DTM Endurance nun klar voneinander abgegrenzt sind. “Das ist jetzt Pro-Am-Racing, wo vorgegeben ist, dass ein Amateur und ein Profi auf dem Auto sitzen. Das ist etwas, was viele Teams und Fahrer in der Vergangenheit am GT-Masters bemängelt haben, weil sie dort von zwei Profis verhauen wurden.”

Auch wenn es nun eine kleine Einschränkung gibt: Denn selbst eine Paarung aus Platin und Silber, die es einem Talent ermöglicht, von einem Werksfahrer zu lernen, ist in Zukunft nicht mehr möglich. Das hätte zum Beispiel das Land-Meisterduo aus dem Jahr 2021, Christopher Mies (Platin) und Ricardo Feller (Silber), betroffen.

Fritz kann aber verstehen, dass jetzt Teams, die mit reinen Profi-Paarungen am Start waren, mit der neuen Lösung unglücklich sind. “Wenn ich eines dieser Teams wäre, das dort Profis einsetzt, würde ich jetzt auch laut schreien, weil mir das meine Zahlungs- und Business-Grundlage wegnimmt”, sagt er.

“Aus der DTM-Perspektive toll gelaufen”

“Was für den einen goldrichtig sein kann, kann für den anderen komplett falsch sein. Deswegen möchte ich auch nicht über die Aussagen von anderen urteilen, weil das aus der subjektiven Sicht sicher richtig ist. So wie das für uns aus der DTM-Perspektive jetzt toll gelaufen ist.”

Abgesehen davon, dass die Rennwochenenden mit DTM, DTM Endurance, Porsche-Carrera-Cup Deutschland, GT4 Germany, TCR Germany und BMW-M2-Cup nun aus Sicht des früheren DTM-Chefs von Mercedes-AMG deutlich aufgewertet wurden: “Ich finde es mega, was dem Fan in Zukunft an einem Wochenende geboten wird.”

Der DTM-Verantwortliche von Mercedes-AMG, Thomas Jäger, sieht außerdem für Teams und Fahrer in der neuen DTM Endurance die Chance, sich über starke Leistungen für die DTM zu empfehlen. “Die DTM Endurance ist wichtig – und eine Basis”, sagt der ehemalige DTM-Pilot im Gespräch mit ‘Motorsport-Total.com’. “Wir setzen darauf, dass sich das gut entwickelt und das dann der Unterbau für die DTM ist.”

AMG-DTM-Chef: “Wenn einer mega performt, schaut man hin”

Dass sich das Interesse der Fahrer nun in Grenzen halten wird, weil die Serie als zweite Liga hinter der DTM gesehen wird, hofft Jäger nicht. “Es kommt jetzt drauf an, wie man das Ganze ausgestaltet”, sagt er. “Ich sehe großes Potenzial für die Bronze-Fahrer”, verweist er auf klassische Amateure. “Und ich sehe großes Potenzial, dass sich Nachwuchs-Fahrer – der Silber-Fahrer oder vielleicht auch der Gold-Fahrer – dort entsprechend präsentieren können.”

“Denn eines ist aus Herstellersicht klar: Wenn du siehst, dass einer unter gleichen Bedingungen mega performt – denn die Vergleichbarkeit ist gegeben -, dann schaut man vielleicht eher hin als wenn das irgendwo stattfindet”, sieht Jäger den Vorteil, dass die Rundenzeiten in der DTM Endurance direkt mit der Hauptserie vergleichbar sind und die Entscheidungsträger vor Ort sind. “Ich sehe das als gute Möglichkeit, sich zu etablieren.”

“Könnte sich zu etwas ganz Großem entwickeln”

Abgesehen davon könnte er sich auch vorstellen, dass die DTM Endurance durch das attraktive Wochenend-Programm in Zukunft mehr Aufmerksamkeit erhält.

“Wenn man die DTM-Fans und die GT-Masters-Fans an einem Wochenende zusammen kriegen würde und wieder 50.000 bis 80.000 Zuschauer hat und das Fahrerlager richtig voll ist, richtig Stimmung ist und man dann auch noch einen guten Fernsehpartner hat, dann sehe ich das Potenzial, dass sich das wieder zu etwas ganz Großem entwickelt”, so Jäger.

“Daran muss man arbeiten. Dann wird die Plattform so interessant, dass auch die Teams vielleicht sagen: Das Umfeld ist so gut, wir möchten da mitmachen.”

Ob es Teams und Fahrer abschrecken könnte, dass sich die ADAC-GT-Masters-Teams künftig die Strecke mit den schnelleren LMP3-Prototypen teilen müssen? “Das ist eine Frage der Balance of Performance”, antwortet HRT-Teamchef Fritz. “Wenn der ADAC sagt, für uns ist ein GT3 schneller als ein LMP3, dann hat der ADAC alle Hebel in der Hand, um das auch so zu steuern, denn es sind beides BoP-Klassen.”