Trotz Rollstuhl: Mücke wollte Wickens 2023 mit Space-Drive in DTM zurückholen

Spektakulärer Geheimplan: Fünf Jahre nach dem Indycar-Crash wollte das Mücke-Team Robert Wickens zum DTM-Comeback verhelfen - Woran das Vorhaben scheiterte
Robert Wickens: Nach dem Sieg im TCR-Auto wäre 2023 die DTM geplant gewesenRobert Wickens: Nach dem Sieg im TCR-Auto wäre 2023 die DTM geplant gewesenMotorsport Images

Das Mücke-Team wird 2023 nicht in der DTM an den Start gehen und plant 2024 ein Comeback. Was aber nur wenige wissen: Hinter den Kulissen verfolgte Peter Mücke bis vor einigen Wochen den geheimen Plan, dem Kanadier Robert Wickens, der seit seinem Indycar-Crash 2018 im Rollstuhl sitzt, zu einem DTM-Comeback zu verhelfen.

“Robert ist bei uns gefahren, daher waren wir immer in Kontakt”, verweist Mücke im Gespräch mit ‘Motorsport-Total.com’ auf die gemeinsame DTM-Saison 2012. “Der Plan – und der war schon recht weit fortgeschritten – war, dass wir nachgefragt haben: ‘Robert, kannst du dir vorstellen, wieder DTM zu fahren?’ Denn wir hätten das richtige Konzept für seine Behinderung.”

Wickens erlitt beim Indycar-Drama auf dem Pocono Raceway eine schwere Rückenmarks-Verletzung – und ist von der Hüfte abwärts gelähmt. Nach hartem Training kann er seine Beine aber seit einiger Zeit geringfügig bewegen.

Welchen Vorteil Wickens durch Space-Drive gehabt hätte

Da das aber nicht ausreicht, um in einem Rennauto mit den Füßen Gas zu geben und zu bremsen, nutzte er bei seinem Renn-Comeback vor einem Jahr in einem TCR-Hyundai ein spezielles Lenkrad, mit dem er händisch mittels Metallring bremst und mit je einer Wippe schaltet und Gas gibt. Und Wickens siegte sogar.

Das Mücke-Team wäre aber mit der Unterstützung von Space-Drive-Pionier Roland Arnold, der sich mit seiner Firma Paravan nach dem Verkauf der Space-Drive-Rechte an Schaeffler wieder auf die Behindertenmobilität konzentriert, mit diesem Konzept noch einen Schritt weiter gegangen.

Denn der Mercedes-AMG GT3 wäre mit einer weiterentwickelten Variante des Systems ausgestattet worden, das Paravan in Fahrzeugen für Behinderte einsetzt, während Wickens bei den TCR-Rennen in den USA ein mechanisches System nutzt. “Damit hätte er nicht nur mit relativ wenig Kraftaufwand die Lenkung bedienen können”, verweist Mücke auf die Möglichkeit, alle Parameter elektronisch auf den Piloten einzustellen.

“Beim System, das Paravan für den Behindertenbereich nutzt, hast du auch noch den Vorteil, dass das Lenkrad beim Überfahren der Randsteins keinen Stößen ausgesetzt ist. Das ist in seinem Bedienbereich ein wesentlicher Vorteil, denn so kann es nicht passieren, dass er einen Schlag kriegt, während er die Schaltwippe, die Bremse oder sonst etwas benutzt.”

Mücke: “Robert war heiß wie eine Brennschnur”

Das Konzept wäre maßgeschneidert gewesen für den sechsmaligen DTM-Sieger Wickens, um sechs Jahre nach seinem bislang letzten Rennen in der Traditionsserie zurückzukehren. “Es standen alle voll dahinter”, erzählt Mücke. “Paravan sowieso, weil das ja genau ihr Tätigkeitsbereich ist, aber ich habe auch von AMG und der ITR ein klares Ja gekriegt.”

Ganz zu schweigen vom Piloten selbst. “Robert war sowieso hochbegeistert”, verrät der 76-jährige Teamchef. “Er ist ein Topkerl – und den hätte ich gerne wieder im Auto gehabt. Und er ist nach wie vor ein richtiger Racer. Der war heiß wie eine Brennschnur!”

Woran das spektakuläre Projekt scheiterte

Doch dann machte die Übernahme der DTM durch den ADAC Anfang Dezember 2022 dem Mücke-Team einen Strich durch die Rechnung: Denn während Wickens’ Saisonpläne für 2023 mit dem ITR-Kalender der DTM vereinbar gewesen wären, gab es durch den ADAC-Kalender plötzlich drei Überschneidungen mit der Indycar-Serie.

“Robert ist ja Spotter und hat einen Werksvertrag bei McLaren”, bestätigt Mücke. “Den wollte und konnte er nicht ignorieren, denn das ist für ihn eine wichtige Einnahmequelle.”

Die Sachlage: Schon der DTM-Saisonauftakt in Oschersleben kollidiert am 28. Mai mit dem Indy 500, dem absoluten Saison-Highlight der US-Serie. Aber auch das vierte DTM-Wochenende auf dem Nürburgring (4. – 6. August) und das sechste Wochenende auf dem Sachsenring (8. – 10. September) überschneiden sich mit den Indycar-Rennen in Nashville und Laguna Seca.

Mücke hält an Idee fest: “Aufgeschoben nicht aufgehoben”

“Es hat keinen Sinn, DTM zu fahren, wenn du drei Rennwochenenden verpasst”, stellt Mücke klar. “Es ist leider echt nur an den drei Überschneidungen gescheitert. Sonst hätten wir definitiv ein DTM-Projekt gemacht.” Dennoch will er den Plan nicht verwerfen.

“Aufgeschoben ist nicht aufgehoben”, verspricht die Berliner Teamchef-Legende, dass er das Projekt gerne 2024 mit Robert Wickens und Paravan umsetzen möchte.

Denn er ist davon überzeugt, dass der Kanadier trotz seiner Behinderung für eine Überraschung gut gewesen wäre. “Ich glaube nicht, dass Robert hinterher gefahren wäre, sondern dass er performt hätte und wir mit ihm auch was erreichen hätten können”, sagt Mücke.