Christian Horner: Geduld hat sich für Max Verstappen bezahlt gemacht
Nach dem Ausscheiden im zweiten Qualifyingsegment in Saudi-Arabien, war Max Verstappen im Rennen von Platz 15 gezwungen, eine Aufholjagd hinzulegen. Am Ende wurde der Niederländer Zweiter, doch viele hätten wohl mit einem ähnlichen Szenario wie in Belgien 2022 gerechnet, als Verstappen von P14 gestartet bereits nach zwölf Runden die Führung des Rennens übernehmen konnte und daraufhin den Sieg ungefährdet nach Hause fuhr.
Besonders im ersten Stint von Dschidda konnte Verstappen nicht so schnell nach vorne kommen, wie man es vielleicht hätte erwarten können. In Runde zwölf von 50 lag Verstappen immer noch an achter Stelle, ehe die Safety-Car-Phase ihm einen günstigen Boxenstopp ermöglichte, der ihn auf P4 spülte.
“Max hat große Disziplin und Geduld gezeigt, als er durch das Feld fuhr, er hatte es nicht eilig, zu schnell zu fahren und seine Reifen nicht zu zerstören”, erklärt Teamchef Christian Horner, warum der Niederländer den ersten Stint etwas ruhiger anging. “Ich denke, er hat einen tollen Job gemacht.”
Danner über Verstappen: “Da war nix mit Krawall”
Formel-1-Experte Christian Danner lobt Verstappen ebenfalls für seine Umsichtigkeit in der Anfangsphase in Saudi-Arabien. “Was ich halt bei Max so toll find, der kann sich immer adaptieren an die jeweiligen Bedingungen”, sagt er gegenüber ‘ServusTV’. “Nicht nur, wenn es heiß oder kalt ist oder nass ist oder trocken, sondern er ist sehr umsichtig gefahren.”
“Also die ersten paar Runden habe ich gar nicht gemerkt, dass der mitfährt, aber nach einiger Zeit wird der eine überholt und der andere überholt. Da war nix mit Krawall, nix mit Ellenbogen, sondern das war sehr clever, sehr cool gemacht und da sieht man einfach, wie der gereift ist und was das für ein wahnsinnig überlegener Fahrer ist.”
“Es ist immer schwierig, vor allem mit DRS-Zügen und so weiter, sich durchzuarbeiten, aber er war tatsächlich einen Boxenstopp zurückgefallen”, fügt Horner von Red Bull hinzu. An einem Punkt lag er, glaube ich, 21 Sekunden hinter Checo.”
“Das Safety-Car hat sein Rennen also wieder zum Leben erweckt. Ich denke, wenn es kein Safety-Car gegeben hätte, wäre er immer noch Zweiter geworden, aber es brachte ihn zurück ins Spiel und ermöglichte ihm, beide Ferraris und mindestens einen Mercedes zu überholen.”
Hat die Safety-Car-Phase sogar mehr geschadet als geholfen?
Vor dem Rennen wurde gemutmaßt, dass Verstappen eine ungewöhnliche Strategie versuchen könnte, um das Rennen zu gewinnen. Mit dem Q2-Aus hatte er noch zwei frische Soft-Reifen in der Hinterhand, mit denen ein Endspurt im zweiten Stint möglich gewesen wäre. Dafür hätte er aber rund 30 Runden auf dem Medium-Reifen zu Beginn fahren müssen, damit die Strategie aufgehen kann.
Durch das frühe Safety-Car hatte Verstappen jedoch keine andere Chance, als auch auf den harten Reifen zu wechseln. Zwar kam er dadurch wieder näher an seinen Teamkollegen Perez ran, doch ein möglicher Reifenvorteil gegen Ende des Rennens war damit obsolet.
Auf die Frage, ob seine Aufholjagd wie erwünscht verlaufen ist, sagt Verstappen: “Ich denke nie wirklich darüber nach. Aber ja, ich denke, realistisch betrachtet, mit oder ohne Safety-Car, war P2 das bestmögliche Ergebnis.”
Verstappen: Habe beim Restart zu viel verloren
“Am Anfang, in den ersten paar Runden, war es wirklich schwer, den Autos zu folgen, weil es ein Straßenkurs ist, schnelle Kurven, die Mauern sind alle sehr nah, man hat eine Art Rückenwind-Effekt. Und das Auto ist ein bisschen durcheinander.”
“Nach ein paar Runden fing es an, sich besser einzupendeln, und ich konnte sie einen nach dem anderen abhängen. Dann war das Tempo gut. Das Safety-Car hat mir natürlich ein wenig geholfen, wieder ins Rennen zu kommen, aber selbst damit und mit dem Restart verliert man einfach zu viel Zeit, zum Beispiel auf Checo.”
Am Ende kam Verstappen mit fünf Sekunden Rückstand auf seinen Teamkollegen ins Ziel, wobei sich der Abstand zwischen den beiden Red Bulls im letzten Stint immer konstant zwischen vier und fünf Sekunden bewegte.
Verstappen: Wieder Technikprobleme im Rennen
“Als ich dann auf P2 lag, war der Abstand ziemlich groß für eine Strecke, auf der nicht viel los ist”, fügt Verstappen hinzu. “Also habe ich natürlich versucht, die Lücke ein wenig zu schließen. Aber dann, an einem Punkt, fing ich wieder an, diese Vibrationen an der Antriebswelle zu spüren. Das Team konnte nichts feststellen, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass irgendetwas mit der Auswuchtung nicht stimmte, denn die Vibrationen begannen sich zu verstärken.”
“Ich habe also einmal nachgerechnet, und ich wäre nicht in der Lage gewesen, die Lücke bis zum Ende zu schließen, da nur noch zehn Runden übrig waren. An einem bestimmten Punkt ist es meiner Meinung nach wichtiger, sich mit dem zweiten Platz zufrieden zu geben.”
“Natürlich habe ich mich auf den zweiten Platz verbessert, was gut ist. Und natürlich ist die Stimmung im Team gut, alle sind zufrieden, aber ich persönlich bin nicht zufrieden”, betont der WM-Führende jedoch. “Denn ich bin nicht hier, um Zweiter zu werden, vor allem, wenn man auch in der Fabrik sehr hart arbeitet, um sicherzustellen, dass man hier in einem guten Zustand ankommt, und im Grunde genommen dafür sorgt, dass alles stimmt.”
“Und dann, ja, muss man eine Aufholjagd hinlegen, was ich gerne mache – ich meine, es macht mir nichts aus – aber wenn man um eine Meisterschaft kämpft, und besonders, wenn es so aussieht, als ob es nur zwischen zwei Autos ist, müssen wir sicherstellen, dass auch die beiden Autos zuverlässig sind.”
Danner glaubt nicht an WM-Kampf: Perez “hat keine Chance”
Über einen möglichen WM-Kampf zwischen Verstappen und Perez – aktuell liegt der Niederländer einen einzigen Punkt vorn – meint Experte Danner im Übrigen: “[Natürlich glaubt Perez] so ganz tief im inneren Herzen auch, dass er den Verstappen schlagen kann, dass er der Bessere ist. Ich muss allerdings mit ein bisschen Abstand von außen betrachtet sagen: er hat keine Chance.”
“Der Verstappen ist in jeder Beziehung besser, und damit muss er leben. Es ist natürlich so, als Red Bull ein Nummer 1b zu sein, sagen wir es mal höflich, ist natürlich immer noch besser, als irgendwo anders zu fahren. Weil du kommst praktisch jedes Wochenende aufs Stockerl.”
“Es ist gut, ein Backup zu haben. Aber ganz grundsätzlich ist natürlich ein Verstappen besser, denn der holt die Kohlen aus dem Feuer, wenn es ein bisschen eng wird, wenn es nicht mehr so überlegen dahingeht. Und deswegen braucht man einen Verstappen, der glücklich ist, zufrieden ist und der auch sein eigenes Potenzial perfekt entfalten kann. Ich würde immer sagen, mir wäre der Verstappen lieber, weil da weiß ich, was ich habe”, so Danner.