Helmut Marko: Verstappen “eine gewisse Bank” für Erfolg
Für Max Verstappen war 2022 eine Formel-1-Saison wie aus dem Bilderbuch: 15 Grand-Prix-Siege und damit ein neuer Rekord, vorzeitiger Titelgewinn in Suzuka und dazu auch noch erste Konstrukteurstitel von Red Bull seit 2013.
Doch ein Selbstläufer sei das nicht gewesen, betont Red-Bull-Motorsportkonsultent Helmut Marko im Gespräch mit ‘ServusTV’. “Nein, das war harte Arbeit”, betont der Österreicher.
“Und vergessen wir nicht: Nach den ersten drei Rennen waren wir 46 Punkte zurück. Max meinte, glaube ich, da brauchen wir 36 Rennen, bis wir das wieder aufholen”, erinnert er an Verstappens Frustration zu Beginn. “Dann haben wir uns intern zusammengesetzt und gesagt, wir drehen das und es hat sich alles fokussiert.”
Ferrari, das gibt Marko zu, habe “etwas mitgeholfen”. Denn mit der positiven Entwicklung bei Red Bull konnte Ferrari bald nicht Schritt halten und verlor schließlich den Anschluss. Am Ende sicherte sich Verstappen seinen zweiten Titel mit 146 Punkten Vorsprung auf seinen nächsten Verfolger Charles Leclerc.
“Das ganze Team ist gewachsen, Max ist zu unglaublicher Form aufgelaufen”, resümiert Marko die Saison. “Ich meine, die zwei Rennen, Budapest und Spa, das war außerirdisch.” Beide Male legte der Niederländer eine Aufholjagd hin und ließ seine Gegner stehen.
Marko: Sind eine “eingeschworene Gemeinschaft”
Doch Marko betont: “Es wird nicht zur Routine. Wir arbeiten hart, wir sind voll dran für das nächste Jahr, wir wollen wieder gewinnen. Aber dafür muss halt alles passen und es ist halt eine eingeschworene Gemeinschaft. Der Christian (Horner; Anm. d. R.) ist jetzt seit 17, 18 Jahren bei uns, Adrian Newey nicht viel kürzer.”
“Und so ist das der Kern der Crew und es kommt eine sehr gute, junge Mannschaft nach. Das heißt, wir sind in einer sehr großen Breite aufgestellt und das macht es halt aus, dass wir auch in Situationen, so wie am Anfang der Saison, wenn es etwas schiefgeht, dass wir uns erholen, dass wir zurückkämpfen”, sagt Marko.
Und mit einem Ausnahmefahrer wie Verstappen an Bord sei der Erfolg dann quasi garantiert: “Wenn du einen Max hast, ist das natürlich auch eine gewisse Bank, dass du sicher sein kannst, der wird aus dem Auto das Maximum herausholen.”
Red Bull: Abspecken der Schlüssel zum Erfolg
Nur zu Beginn der Saison 2022 war das noch nicht möglich. “Wir sind übergewichtig in die Saison gestartet”, erklärt Marko diesen Umstand. “Und man muss wissen: Zehn Kilo Übergewicht sind ungefähr drei Zehntel im Schnitt und wir waren bei knapp 20 Kilo.”
“Das heißt, intern wussten wir, dass da eine unglaubliche Reserve da ist. Wenn du im Windkanal was versuchst, dann ist es ja immer nur ein Versuch, du hast nie die Garantie. Aber: Fünf Zehntel, wussten wir, sind im Auto, wenn wir das Gewicht reduzieren.”
Der Gewichtsverlust habe nicht zuletzt auch geholfen, beim Fahrverhalten in eine Richtung zu gehen, die Verstappen bevorzugt, verrät der Red-Bull-Motorsportkonsultent weiter. “Das ist also ein sehr scharfes Front-End, leicht übersteuernd. Nicht viele Fahrer kommen damit klar, aber für ihn ist das das Optimum.”
“Und wir wussten, wenn wir ihm das richtige Handling geben, dann kommt dieser richtige Überflieger zutage und dadurch gab es auch diese überlegenden Rennen, die ja meistens nur in der Max-Performance waren. Wir haben selten Doppelsiege gehabt.”
Zwar feierte auch Verstappens Teamkollege Sergio Perez zwei Siege, in Monaco und Singapur. “Aber mit dieser Car-Performance und mit der Änderung des Fahrverhaltens ist die Kombination Auto und Fahrer (bei Verstappen) unglaublich gewachsen.”
“Auch von der Strategie waren wir in jedem Rennen richtig und es gab dann auch keinerlei technische Ausfälle mehr, es kam eines zum anderen”, erklärt Marko die Dominanz.
“Er war schnell wie noch nie, ist aber gleichzeitig zum Reifenflüsterer geworden. Er hat seine Reifen geschont und ist taktisch gefahren. Wenn es notwendig war, hat er sofort wieder zugelegt. Er hat das wirklich kontrolliert, aber mit einem Auto und einem Team hinter sich. Und dadurch kam diese Überlegenheit zustande.”
Vettel goutiert: “Haben Unglaubliches geleistet”
Auch Sebastian Vettel, mit dem Red Bull von 2010 bis 2013 eine ähnliche dominante Phase in der Königsklasse durchlebte, sagt mit Blick auf Verstappens jüngste Titelsaison: “Ich glaube, man kann die Leistung nicht genug huldigen dieses Jahr. Also, Max und auch das Team haben Unglaubliches geleistet.”
Doch er stimmt der Aussage, dass Ferrari an sich selbst gescheitert sei, nicht zu. “Ich glaube, Ferrari ist ganz klar an den dreien (Verstappen, Horner, Marko) und an Red Bull Racing gescheitert. Und ich glaube, man kann das nicht genug unterstreichen.”
“Bei mir liegt das jetzt ein bisschen zurück. Es war eine sehr schöne Zeit”, erinnert sich Vettel. “Und ja, das jetzt von einem anderen Sofa so zu betrachten, ist auch ein bisschen was Besonderes und deswegen kann man nur gratulieren und die Leistung war phänomenal dieses Jahr, das kann man nicht anders sagen.”