Mercedes spielt Shakedown runter: Ist der W14 ein Flop?
Das Mercedes-Team hat am Mittwoch und Donnerstag die ersten Kilometer mit dem neuen F1 W14 zurückgelegt. Und nach Gerüchten über technische Probleme bei der Ausfahrt am Mittwoch, die per Reglement ohnehin auf 15 Kilometer limitiert war, soll es am Donnerstag (maximal 100 Kilometer) dann besser gelaufen sein.
“Wir hatten einen soliden Start in unser Programm mit dem W14”, berichtet Andrew Shovlin, der Einsatzleiter des Mercedes-Teams. “Die Bedingungen waren weder zum Filmen noch zum Fahren gut, aber wir haben die erlaubten 100 Kilometer ohne Probleme absolviert, und beide Fahrer konnten uns eine gute Einschätzung ihrer ersten Eindrücke vom Auto geben.”
“Bahrain”, sagt er, “wird ganz anders sein als ein kaltes, nasses Silverstone, aber alles scheint gut zu funktionieren. Hoffentlich können wir nächste Woche voll durchstarten und die drei Testtage, die wir haben, optimal nutzen.”
Am Donnerstagvormittag war zunächst George Russell dran, ehe am Nachmittag Lewis Hamilton mit dem W14 fahren durfte. Gefahren wurde auf der verkürzten National-Circuit-Variante von Silverstone, die bei solchen Funktionstests und Filmtagen recht beliebt ist. Das Wetter war aber schlecht und die Fahrbahn den ganzen Tag hindurch feucht.
Das erste Fazit der Fahrer nach dem Filmtag
“Es war heute sehr kalt und schmierig”, sagt Russell, “aber das Auto lief reibungslos, und wir haben alle Runden absolviert, die wir fahren durften. Wir wissen, dass die Wintertestfahrten in Bahrain der erste richtige Test für das Auto sein werden. Dennoch sieht es auf der Strecke großartig aus, und das Gefühl im Auto ist soweit gut.”
Auch Hamilton berichte von einem “reibungslosen” ersten Tag im W14: “Wir haben ein gutes Programm absolviert und konnten einige nützliche Erkenntnisse gewinnen. Ich habe mich im Auto wohl gefühlt und freue mich darauf, in Bahrain loszulegen.”
Gerüchte: W14 ist angeblich ein Aero-Flop
Am Mittwoch, dem Tag der Präsentation, hatte es um Mercedes noch Gerüchte gegeben, wonach das Team einen Fehlstart ins Jahr 2023 hingelegt haben könnte. Der Windkanal, heißt es, spucke nicht die erhofften Zahlen aus, und in Sachen Aerodynamik könnte man die selbstgesteckten Ziele verfehlt haben. Und auch die erste Ausfahrt nach dem Launch soll Probleme bereitet haben.
Für Spekulationen innerhalb der Twitteria sorgte zum Beispiel die Tatsache, dass Mercedes auf der Medienseite zunächst einen eigenen Reiter “Shakedown” geplant hatte, der zwischendurch aber plötzlich wieder weg war. Erst am Mittwochabend wurden dort dann doch Fotos veröffentlicht, mit zunächst einem einzigen Fahrbild von Russell.
Inzwischen wurde weiteres Material veröffentlicht, das Team behauptet, es habe keine nennenswerten Verkürzungen gegeben, und am Donnerstag, das wird extra betont, habe man die 100 erlaubten Kilometer voll ausgeschöpft.
Russell: Darum sind Shakedowns nicht viel wert
Abgesehen davon seien die ersten Shakedown-Tests meistens “bedeutungslos”, erklärt Russell: “Es geht nur darum, dass du keine ganz großen Probleme hat und dass das Auto in Bahrain okay läuft. Denn Bahrain ist der wahre Test. So viel wir also auch aus diesen ersten Tagen rausholen wollen, unterm Strich sind sie meistens bedeutungslos.”
“Es ist schwierig, wenn es draußen sechs Grad hat. Vor zwei Wochen bin ich mit dem W13 einen Reifentest in Paul Ricard gefahren. Da war die Strecke über zwei Sekunden pro Runde schneller als am Rennwochenende. Einfach weil es so kühl war. Da überhitzen die Reifen nicht, und die Sauerstoffdichte der Luft ist höher. Dann fühlt sich alles perfekt an.”
Russell warnt daher davor, aus einem guten Gefühl beim Shakedown im frostigen Silverstone den Schluss zu ziehen, ein Auto werde wahrscheinlich siegfähig sein. Mehr als Funktionstests könne man dabei nicht durchführen, und vor allem keine Rückschlüsse auf die Konkurrenzfähigkeit ziehen.
Mercedes: Team mit großem Entwicklungspotenzial
Doch selbst wenn Mercedes, wie das Teamchef Toto Wolff und Hamilton befürchten, am Saisonbeginn Rückstand haben sollte, glaubt Russell dran, dass das Team eine starke Performance hinlegen kann, denn: “Wir haben jetzt schon ein paar Mal gesehen, wie schnell Mercedes ein Auto während der Saison weiterentwickeln kann.”
“Wir haben definitiv Verbesserungen auf Lager, die das Auto schneller machen werden. Es ist leichter als vergangenes Jahr. Das bedeutet schon mal Rundenzeit. Und wir haben den Luftwiderstand reduziert, denn da haben wir viel Zeit auf Red Bull verloren. Wir wissen, dass uns das gelungen ist, also sollten wir auch da auf Red Bull aufgeholt haben.”
Diese zwei Faktoren seien “garantierte Performance”, ist Russell selbstbewusst. Aber er schränkt ein: “Sobald du eine Kurve anbremst und durch die Kurve fährst, muss auch der Anpressdruck funktionieren. Da wissen wir nicht, wie wir performen werden. Letztendlich können wir jetzt noch nicht sagen, wie wir im Vergleich zu Red Bull und Ferrari aussehen werden.”
Was er sich wünscht, ist aber klar: Ein Auto, das “konstanter ist und berechenbarer” als der W13. Besonders meint Russell damit die Phase vom Anbremsen der Kurve bis zur Kurvenmitte. “Nach allem, was ich am Simulator bisher gesehen habe, sehe ich keinen Grund, warum das nicht besser geworden sein soll. Aber wie viel besser, das wissen wir nicht”, sagt er.