“Perfekter Start” für Alonso: “Hätte noch eine Stunde fahren können!”
Fernando Alonso brachte seine Gefühle über den Aston Martin AMR23 gut zum Ausdruck: “This is a very lovely car to drive”, lobte er sein neues Dienstgefährt während des Formel-1-Saisonauftaks in Bahrain über Funk. Und mit diesem “toll zu fahrenden Auto” fuhr der Spanier am Sonntag zu seinem 99. Podium in der Formel 1.
Die gute Leistung von Aston Martin hatte sich bei den Testfahrten schon angedeutet, doch so richtig dran geglaubt hatten nur wenige – nicht einmal Alonso selbst. “Das Gefühl nach dem Test war, dass es zu schön um wahr zu sein ist”, lächelt er. “Man erwartet immer, dass man zurück in die Realität kommt, aber es scheint wahr zu sein.”
Zwar konnte Alonso am Samstag im Qualifying die erhoffte Überraschung nicht ganz schaffen, doch am Sonntag zeigte sich, dass der Aston Martin eine bessere Longrunpace als Mercedes oder Ferrari besitzt. Der Spanier zeigte ein paar beherzte Überholmanöver, konnte sich aber letzten Endes doch deutlich absetzen.
Zehn Sekunden nahm er Landsmann Carlos Sainz im Ziel ab, obwohl er diesen erst elf Runden vor Schluss überholt hatte. Zuvor hatte er auch beide Mercedes niedergerungen und sich so auch den offiziellen Titel als Fahrer des Tages erkämpft.
“Es ist ein perfekter Start für dieses Projekt. Wir hatten nicht erwartet, so konkurrenzfähig zu sein”, freut sich Alonso nach seinem dritten Platz. Der AMR23 sollte einfach nur eine gute Basis für die kommenden Jahre sein und wenn möglich im vorderen Mittelfeld mitfahren und die Lücke auf die Top-3-Teams verringern. In Bahrain war man aber an zweien davon schon vorbei.
“Selbst ein Podium war nicht auf dem Radar, aber heute in Bahrain hatten wir das zweitschnellste Auto. Das ist eine kleine Überraschung”, sagt Alonso. “Wir sind extrem stolz und glücklich über die Leistung, die in der Fabrik in Silverstone geleistet wurde. Lasst uns diesen Moment genießen und darauf aufbauen.”
“Hätte noch eine Stunde alleine fahren können”
Der zweimalige Weltmeister war vor allem zufrieden damit, wie gut sich das Auto fahren ließ – und das ließ er sein Team über Funk wissen. “Fernando weiß auch, wie er das Team motiviert”, lobt Teamchef Mike Krack. “Ich glaube, das ist auch eine seiner Stärken, das Team so mitzunehmen. Das ist ihm auch gelungen, muss man ehrlich sagen.”
In den letzten Runden nahm Alonso bereits etwas Pace raus und vermied die Randsteine – einfach, um das Auto zu schonen und ins Ziel zu bekommen. “Die letzten zehn Runden haben sich ziemlich lang angefühlt, weil ich die Zielflagge sehen und auf dem Podium stehen wollte”, lacht er. “Ansonsten war das Auto schön zu fahren, und ich hätte noch eine Stunde alleine auf der Strecke fahren können.”
Daneben gehörte aber auch das Reifenmanagement zu den großen Stärken des Autos, was den Grundstein für den Erfolg am Sonntag legte. Zwar betont Alonso immer wieder, dass das Auto zu 95 Prozent neu sei, doch diese Stärke habe man aus 2022 mitgenommen. “Das ist ein Erbe aus dem vergangenen Jahr, weil Aston Martin am Sonntag immer stark war”, sagt er.
“Das müssen wir behalten und die Samstage verbessern. Das war im vergangenen Jahr vielleicht die Schwäche. Auch gestern waren wir nicht megakonkurrenzfähig. Daran müssen wir arbeiten.”
Ohne schlechten Start Gefahr für Red Bull?
Und wenn es am Sonntag eine kleine Schwäche gegeben hat, dann war es der Start, bei dem Alonso hinter die beiden Mercedes fiel und diese erst im weiteren Rennverlauf überholen musste – sonst wäre vielleicht mehr drin gewesen.
“Ich glaube, dass Alonso noch stärker gewesen wäre, wenn er nicht rückwärts gestartet wäre”, sagt Red Bulls Motorsportkonsulent Helmut Marko bei ‘ServusTV’. “Wenn der gleich hinter uns gewesen wäre, dann wäre die Herausforderung größer gewesen”, fürchtet er.
Das sieht Alonso allerdings ein bisschen anders, angesichts von 38 Sekunden Rückstand auf Max Verstappen. “Ich bin sicher, dass man zehn oder 15 Sekunden durch die ganzen Kämpfe verliert”, sagt er. “Wenn wir 40 Sekunden hinter den Führenden sind, dann hätten es vielleicht 20 oder 30 sein können. Es wäre also kein echter Kampf mit Red Bull.”
Gefühl so gut wie seit 2013 nicht mehr
Trotzdem ist der 41-Jährige mit dem Auftakt sehr zufrieden – zum ersten Mal seit vielen Jahren. “Ich denke 2013” habe er sich das letzte Mal nach dem ersten Rennen so gut gefühlt. Damals fuhr er noch für Ferrari und schien konkurrenzfähig zu sein. “Aber danach habe ich mich nie so gut wie jetzt gefühlt”, meint er.
Seinen Wechsel zu Aston Martin bereut er auf jeden Fall nicht, und auch das Team ist froh, ihn an Bord zu haben: “Er bringt Energie ins Team, aber auch die Ruhe”, sagt Teamchef Krack gegenüber ‘ServusTV’. “Wir saßen zusammen und haben vereinbart: Lasst uns jetzt nichts neu erfinden, nicht superschlau spielen, sondern einfach die Basics richtig machen.”
Und das scheint geklappt zu haben, sodass man den 41-Jährigen auch bei Red Bull plötzlich auf dem Radar hat. “Ich weiß nicht, wie viel Weiterentwicklung dort noch kommt, aber Alter spielt scheinbar keine Rolle”, sagt Helmut Marko. “Er fährt in der Form seines Lebens, das war wirklich erfrischend.”