Marquez vs. Rossi: Vorfall auf der VR46-Ranch der Auslöser für die Rivalität?

In der Amazon-Doku spricht Marc Marquez sehr ausführlich über die Fehde mit MotoGP-Ikone Valentino Rossi und enthüllt neue Details zum Sepang Clash 2015
Marc Marquez und Valentino Rossi gerieten 2015 mehrfach aneinanderMarc Marquez und Valentino Rossi gerieten 2015 mehrfach aneinanderLAT

Die Fehde zwischen Valentino Rossi und Marc Marquez war die wohl härteste MotoGP-Rivalität der vergangenen zehn Jahre. Aus einem zu Beginn freundlichen Verhältnis entwickelte sich ein erbitterter Kampf, der beim Grand Prix von Malaysia in der MotoGP-Saison 2015 eskalierte.

Nach dem sogenannten “Sepang Clash” waren Rossi und Marquez jahrelang absolute Erzrivalen. In der vor Kurzem erschienenen Amazon-Doku spricht Marquez erneut über das Duell mit Rossi und gibt neue Details preis.

“Valentino Rossi ist für mich Show”, stellt Marquez zu Beginn der dritten Folge klar und setzt damit den ersten Nadelstich. Als Marquez 2013 in der MotoGP debütierte, machte Rossi vor laufenden Kameras immer wieder Späße mit dem Sensationsrookie. Die beiden Ausnahmekönner wirkten wie Freunde.

Während Jorge Lorenzo und Dani Pedrosa, die damaligen Rivalen von Rossi und Marquez eher ernst wirkten, sah die Startnummer 46 und die Startnummer 93 immer wieder Späße machen und Grimassen ziehen. “Er war ein Idol für mich. Das habe ich immer gesagt”, bemerkt Marquez.

Doch ein Jahr später gab es einen Vorfall, der laut Marquez eine negative Entwicklung in Gang brachte. “Nach dem Rennen in Misano 2014 ging ich zu seiner Ranch. Wir waren einen Tag dort. Wir wetteiferten darum, wer den Rekord auf seiner Strecke schlagen könnte”, erinnert sich Marquez.

“Und ab diesem Tag hat sich etwas verändert. Die Beziehung kühlte etwas ab. Ich weiß nicht. Vielleicht störte es ihn, dass ich den Rekord geschlagen habe”, grübelt Marquez und teilt eine weitere Spitze in Richtung Rossi aus.

MotoGP 2015: Rossi und Marquez geraten immer wieder aneinander

Ein Jahr später dann, Marquez hatte bereits den zweiten Titel in der MotoGP gewonnen, fanden die beiden Protagonisten andere Voraussetzungen vor. Rossi war in seiner dritten Saison nach der Yamaha-Rückkehr ein WM-Anwärter und Marquez erlebte eine schwierige Saison, weil die Honda RC213V der Yamaha M1 unterlegen war.

Beim dritten Saisonrennen, dem Grand Prix von Argentinien in Termas de Rio Hondo, kam es zum ersten Zwischenfall. Rossi und Marquez kollidierten. Die Honda mit der Nummer 93 landete im Kiesbett und Rossi feierte den zweiten Saisonsieg.

Fünf Rennen später gerieten Rossi und Marquez erneut aneinander. In der letzten Runde der Dutch TT in Assen bremste sich Marquez in der Schikane an Rossi vorbei. Rossi richtete seine Yamaha auf und fuhr geradeaus durch das Kiesbett. Damit sicherte sich der Italiener den Sieg. Marquez reagierte frustriert.

Hat Valentino Rossi auf die falschen Leute gehört?

Bei den Überseerennen am Saisonende eskalierte die Situation dann. Rossi beschuldigte Marquez nach dem Rennen auf Phillip Island, Jorge Lorenzo im WM-Kampf zu helfen. Zuerst war nicht klar, ob Rossi diese Anschuldigungen ernst meint oder ob er Späße macht. Doch Rossi stellte klar, von dieser Theorie überzeugt zu sein. Die anwesenden Journalisten reagierten verdutzt.

Obwohl Lorenzo auf Phillip Island fünf WM-Punkte verlor, weil Marquez mit einem beherzten Manöver in Kurve 10 den Sieg sicherstellte, sah Rossi in Marquez einen Verbündeten von Lorenzo.

Ex-Marquez-Manager Emilio Alzamora erinnert sich und wundert sich über Rossis Verhalten: “Es war ein großer Fehler, sich nicht auf die beiden finalen Rennen zu konzentrieren. Man muss sich auf seine eigenen Fähigkeiten und sein Motorrad fokussieren und darf sich nicht ablenken lassen.”

“Er versuchte, Marc Marquez vor den Fans schuldig aussehen zu lassen. Es sollte so wirken, als ob Marc verantwortlich ist, wenn Valentino nicht gewinnt. Das war ein großer Fehler”, stellt Alzamora fest.

Anschuldigungen waren laut Jorge Lorenzo ein Zeichen der Schwäche

Jorge Lorenzo, der in der MotoGP-Saison 2015 der einzige WM-Rivale von Rossi war, staunt rückblickend ebenfalls, was Rossi dazu getrieben hat: “Fühlst du dich stark und weißt, dass du jedes Rennen gewinnen wirst, dann sprichst du nicht über sowas.”

“Lorenzo hat Recht”, bemerkt Marquez. “Wenn du schnell bist, dann stört dich nichts und du hast keine Zeit für Unsinn. Bist du es nicht, fühlst dich unterlegen, als würdest du verlieren, fängst du an, nach Problemen zu suchen.”

Das Duell Rossi vs. Marquez schaukelte sich über das Wochenende immer weiter hoch. In der Startaufstellung wurde Marquez von den Rossi-Fans ausgebuht. “Alles staute sich an. Dann trafen wir im Rennen aufeinander und irgendwann tickte einer aus”, erinnert sich Marquez.

Als Valentino Rossi die Nerven und dadurch die WM verlor

Honda-Pilot Dani Pedrosa fuhr dem Feld davon. Dahinter behauptete sich Jorge Lorenzo auf der zweiten Position. Valentino Rossi war in ein Duell mit Marc Marquez verstrickt, der immer wieder Angriffe startete. Dadurch verlor Rossi den Anschluss an Pedrosa und Lorenzo und wenig später die Nerven. Es kam zum geschichtsträchtigen Zusammenstoß in Kurve 14.

Rossi ließ Marquez auflaufen und drückte den Spanier von der Linie. Auf dem schmutzigen Teil der Strecke stürzte Marquez. Ob Rossi mit seinem Bein in Richtung Marquez trat, lässt sich trotz verschiedener TV-Perspektiven nicht eindeutig belegen. Rossi beendete das Rennen auf Platz drei, erhielt nach dem Rennen aber eine Strafe.

Marquez kritisiert rückblickend die Vorgehensweise der Renndirektion: “Ich denke, es war auch ein Fehler des Rennleiters. Wenn es nicht gerade um Valentino Rossi handelt, dann gibt es (für derartige Manöver) eine schwarze Flagge und Ende.”

Marc Marquez hatte kein Interesse, Valentino Rossi zum Titel zu verhelfen

Die Verantwortlichen veranlassten, dass Rossi vom letzten Startplatz ins finale Rennen der MotoGP-Saison 2015 starten muss. Beim Saisonfinale in Valencia herrschte Ausnahmezustand. Zusätzliche Sicherheitskräfte wurden eingesetzt, um die Situation unter Kontrolle zu behalten.

Im Laufe des Rennens kämpfte sich Rossi durch das Feld und kam schlussendlich auf Position vier ins Ziel. Die Spitzengruppe bestand aus Lorenzo, Marquez und Pedrosa. Es wirkte, als ob Marquez kein Interesse daran hat, das Rennen zu gewinnen und somit Lorenzos Titel zu gefährden.

In der Amazon-Doku bestätigt Marquez, dass er Rossi nicht zum zehnten Titel verhelfen wollte: “Hätte ich es in der letzten Kurve riskieren können? Ja. Aber diese Person hat mir all das angetan, nur weil ich ihn überholte. Würde ich ihm helfen, einen Titel zu gewinnen? Nein.”

In den Augen der Rossi-Fans war Marquez fortan der absolute Erzfeind. Vor allem in der Zeit zwischen dem Sepang Clash und dem WM-Finale in Valencia musste der Spanier viele unschöne Erfahrungen machen. “Das, was ich in diesen zwei Wochen durchmachte, wünsche ich niemandem, schon gar keinem 22-Jährigen”, bemerkt der mittlerweile 30-Jährige.