Reaktionen zum neuen MotoGP-Sprint: “Die ersten Runden waren wahnsinnig!”

Die Fahrer sehen in der hohen Aggressivität im Sprint ein Sicherheitsrisiko - Fabio Quartararo hätte lieber auch am Samstag ein Rennen über die volle Distanz
Im Sprint duellierte sich das Ducati-Duo Martin und Bagnaia um den SiegIm Sprint duellierte sich das Ducati-Duo Martin und Bagnaia um den SiegGold and Goose / Motorsport Images

Das neue Sprint-Format der MotoGP hat im Laufe des ersten Rennwochenendes auch einige Kritik nach sich gezogen. Bereits am Freitag merkten einige Fahrer an, dass der neue Zeitplan nicht optimal sein könnte. Denn im zweiten Training werden die Top 10 festgelegt, die sich vorläufig direkt für Q2 qualifizieren.

Es wird also in einer Qualifying-Runde alles gegeben. Sollte es Verzögerungen wie in Portimao geben, dann findet das am späten Nachmittag statt. In Ländern, wo es dann schon kühler wird, könnte das ein Problem und ein Sicherheitsrisiko werden.

Das halbstündige Training vor dem Qualifying am Samstagvormittag stand ebenso in der Kritik, da es nutzlos ist, um für den Sprint und den Grand Prix am Nachmittag realistische Rückschlüsse zu ziehen. Aber wie kam der neue Sprint bei den Fahrern an?

Ein vehementer Kritiker ist Fabio Quartararo. “Nein, überhaupt nicht”, antwortet der Yamaha-Fahrer auf die Frage, ob ihm der Sprint gefallen hat. Er warnt: “Es wird bald einen schweren Unfall geben. Es ist ein Dschungel.”

“Wir sitzen nicht in Autos, mit denen man sich problemlos berühren kann. Autos sind viel sicherer. Ich möchte mich nicht beklagen, aber am Ende geht es um die Sicherheit. Es ist kein Problem, wenn man sich in den letzten Runden berührt.”

“Mit Alex [Marquez] hatte ich drei, vier Berührungen. Es war okay, das ist Racing. Aber in den ersten Runden war es verrückt. Unsere Motorräder reagieren manchmal auf eine Weise, die man nicht kontrollieren kann. Ich möchte [in diese Diskussionen] aber nicht zu sehr involviert werden.”

Von der Aggressivität im Sprint zeigt sich Quartararo nicht überrascht: “Es waren zwölf Runden. Warum nicht zwei Rennen über 25 Runden? Körperlich wäre das anstrengend, aber über 25 Runden hätte man mehr Zeit.”

“Wenn man jetzt im Sprint drei Plätze verliert, dann hat man Probleme. Ich war nach einer Berührung Letzter. Aus Sicherheitsgründen wären zwei Rennen über 25 Runden besser als das eine über zwölf Runden.”

Hohe Intensität im kurzen Sprint

Er plädiert also auch am Samstag für ein Rennen über die volle Distanz. Denn dann müssten sich die Fahrer die Reifen einteilen und können nicht in jeder Runde alles riskieren. “Man hat das Gefühl”, findet Alex Marquez über den Sprint, “dass man mit einem Messer spielt.”

“Man ist am Limit. Wenn man ein Rennen über 25 Runden hat, denkt man anders. Aber mit nur zwölf Runden war es wirklich stressig. Wir müssen es in Zukunft besser machen. Es geht auch um die Aerodynamik und solche Dinge.”

“Es ist viel passiert. Die erste Runde war verrückt. Das ganze Rennen war ziemlich verrückt, aber die ersten sechs Runden waren wahnsinnig”, betont Alex Marquez. “Wir haben schon davor in der Sicherheitskommission zur Rennleitung gesagt, dass es so sein wird.”

Aleix Espargaro: “Wie ein Boxkampf”

Auch Aleix Espargaro sieht das neue Format gespalten. Seiner Meinung nach könnte der neue Zeitplan auch zu dem Sturz seines Bruders am späten Freitagnachmittag beigetragen haben. Zum Sprint meint er, er hoffe, dass sich “der Sport nicht zum Boxen” hin entwickelt.

“Wenn ich Boxen sage, dann meine ich damit, dass wir ein Sport sein müssen, bei dem der Schnellste gewinnt und nicht der Aggressivste”, sagt der Aprilia-Fahrer. “Im Sprint gab es eine hohe Anspannung und Aggression.”

“Im ersten Rennen des Jahres ist die Anspannung immer sehr groß. In diesem Jahr gibt es das neue Format und es war auch sehr windig. Ich möchte keine Schlagzeile, in der ich sage, dass ich den Sprint schlecht finde, weil ich das nicht gesagt habe.”

“Wir müssen diesen Samstagsrennen Zeit geben und sehen, ob wir uns anpassen und die Aggressivität nachlässt. Ich sage nicht, dass mir das neue Format nicht gefällt. Wir müssen dem etwas Zeit geben.”

“Wenn den Leuten das Rennen gefallen hat, dann ist es in Ordnung. Mir gefällt aber nicht, dass es so viele Unfälle gegeben hat. Ich sage nicht, dass das neue Format schlecht ist, denn ich liebe Racing”, betont der Spanier.

Wenn zu viele Fahrer verletzt sind, sinkt Interesse der Fans

Nach dem ersten Rennwochenende fielen insgesamt vier Fahrer mit Verletzungen aus. Das komplett auf den neuen Zeitplan und den Sprint zu schieben, wäre auch zu einseitig. Klar ist aber auch, dass der Stress und der Druck auf die Fahrer in diesem Jahr immens ist.

“Es ist zu 100 Prozent stressiger als zuvor”, hält RNF-Teammanager Wilco Zeelenberg im Gespräch mit ‘motorsport.com’ fest. “Es ist mehr Stress für die Fahrer, aber auch für die Teams in Bezug auf die Organisation. Das Risiko ist auch deutlich höher.”

Vielen Fans hat die Action und der enge Schlagabtausch im Sprint dennoch gefallen. “Ja, aber wir können die Fahrer nicht ersetzen. Sie fehlen dann bei den nächsten Rennen”, gibt Zeelenberg zu Bedenken. “Hoffentlich geht es nicht so weiter.”

“Aber irgendwann haben wir dann acht oder neun Fahrer verloren. Und dann verlieren auch die Fans das Interesse. Wir brauchen eine Balance. Ich weiß, dass wir für den Sport und die Show mehr Aufmerksamkeit erzeugen müssen. Aber man kann die Situation nicht über Nacht ändern.”

Kommt nun doch eine Fahrervereinigung?

Im Laufe des Wochenendes wurden die Fahrer gefragt, ob sie Änderungen begrüßen würden. Im Endeffekt lautete der Tenor, dass sie nicht die Macht haben, um etwas zu entscheiden. Es wurde wieder die Gründung einer Fahrervereinigung ins Spiel gebracht.

“Das ist die Zukunft”, ist Alex Marquez überzeugt. “Wir brauchen das, um Probleme mit Pol (kein Airfence; Anm. d. Red.) und solche Dinge zu verhindern. Wir brauchen eine Fahrervereinigung, wie es in allen Sportarten der Fall ist.”

“Sollten in einer Fahrervereinigung mehr als 50 Prozent gegen etwas stimmen, dann wäre das geklärt. Das muss die Zukunft sein.” Schon im Vorjahr wurde immer wieder darüber gesprochen, ob sich die Fahrer zu einer Vereinigung zusammenschließen sollten.

In der Formel 1 gibt es die GPDA. Ex-Rennfahrer Alexander Wurz ist der Vorsitzende. Genau so würde sich das auch Alex Marquez vorstellen: “Es müsste ein Ex-Fahrer oder ein Anwalt sein, denn diese Person müsste auch viel über Verträge wissen.”